Skat-Geschichte


Drei Spieler, 32 Karten und über 200 Jahre Geschichte

Ausbreitung Kartenspiele

Kartenspiele sind ein uralter Zeitvertreib. Obwohl sie uns alltäglich scheinen, kamen die ersten Spielkarten keineswegs aus Europa, sondern aus Ostasien. Ab dem 14. Jahrhundert breitete sich das Kartenspielen dann auch in Europa aus – zuerst in Italien und dann auch in Frankreich. Schon damals entstand das französische Blatt, das noch heute vielerorts gespielt wird – auch beim Skat! Doch die ersten Spuren des Skatspiels und seiner typischen Regeln finden wir erst später.


Skat – Kartenspiel mit Tradition

Wir können das Skatspiel bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts ins thüringische Altenburg zurückverfolgen, wo noch heute Spielkarten hergestellt werden. Also, Wer hat Skat erfunden? Der Legende nach haben zwischen 1810 und 1817 hohe Herren, wie Professoren, Ratsherren, Medizinräte und der Gründer des Brockhaus-Verlags, dort das regelmäßige Kartenspiel gepflegt. Ihr Spiel basierte auf einer Variante des Wendischen Schafkopfs, dem sogenannten Dreiwendsch für drei Spieler.

Historisches Bild: Skatspieler

Durch Hinzufügen weiterer Regeln aus anderen Spielen entstand eine Regel-Collage, bis sich letztendlich ein eigenes Spiel herausbildete: Das Konzept der zwei weggelegten Karten war zuvor schon beim Tarock bekannt, und das Reizen von L’Hombre. Ursprünglich drehte sich das Reizen allerdings um Farben, nicht um Zahlen. Neben dem Dreiwendsch und Skat ging auch das Doppelkopf-Spiel aus dem deutschen Schafkopf hervor.


Die Skatkongresse

Von der 1810er Altenburger Skat-Version war es bis zur heutigen Fassung noch ein weiter Weg: Ab Altenburg verbreitete sich das Spiel in den folgenden Jahrzehnten schnell – zuerst unter den Studenten der thüringischen und sächsischen Universitäten, bald in weiten Teilen des deutschen Sprachraums und schließlich darüber hinaus. Bei einer derart weiten Streuung entwickelten sich natürlich unterschiedliche Varianten und regionale Sonderregeln.

Symbolbild: erste allgemeine deutsche Skatordnung

Diese Regelunterschiede waren eine kreative Bereicherung, allerdings konnte damit jeder etwas anderes unter Skat verstehen. Um der vielen verschiedenen Varianten Herr zu werden und ein einheitliches und verbindliches Regelwerk zu schaffen, trafen sich 1886 über tausend Skatspieler in Altenburg. Ziel war die Verabschiedung der Allgemeinen Deutschen Skatordnung. Seitdem finden bis heute regelmäßig Skatkongresse statt.

Auf den ersten Kongressen sollten schwierige Streitfragen beigelegt werden. Dieses Vorhaben scheiterte aber oft. Beispielsweise wurde die offizielle Festlegung des Reizens auf Farbe oder Zahl auf zwei Kongressen nicht erreicht. Im Folgejahr fiel der Skatkongress wegen des ersten Weltkrieges aus.


Im Ersten Weltkrieg

Unter den Soldaten in den Schützengräben des ersten Weltkriegs verbreitete sich das Skatspiel rasant. Denn Kartenspiele mit patriotischen Motiven wurden hunderttausendfach gedruckt, teilweise verkauft und an Soldaten kostenlos ausgegeben. Diese Karten bildeten den Kaiser und seine Generäle ab: Tirpitz, Ludendorff, Hugenberg. Ergänzt waren diese durch patriotische Sprüche, um die Moral der Frontkämpfer zu heben. So wurde durch Editionen der Deutschen Kriegs-Spielkarte das Skat-Spiel zum Teil der Propaganda-Maschinerie des Ersten Weltkrieges. In den Spielrunden der Soldaten setzte sich die zweite Reiz-Variante Zählreizen durch, weshalb es auch als Schützengrabenskat bekannt wurde.

Neben dem Waschtag war das Skatspiel ein beliebtes Motiv der Kriegsberichterstattung, um den Daheimgebliebenen den scheinbar unbeschwerten Alltag der Frontkämpfer zu zeigen. Das eigentliche Kriegsgeschehen bildete lediglich einen entfernten Hintergrund. Damit ist das Spiel auch in zahlreichen, weniger verblümten Kriegsromanen verewigt worden – am bekanntesten darunter wohl Im Westen nichts Neues von Erich Maria Remarque.

Symbolbild: Skat in Kriegsberichterstattung

Der 1898 geborene Schriftsteller wurde zeitgenössisch für seine schonungslose Darstellung des Frontalltags der einfachen Soldaten vielfach kritisiert und 1938 wurde ihm sogar die deutsche Staatsbürgerschaft aberkannt. Doch noch heute fasziniert seine realistische Darstellung des Nebeneinanders von Kriegsgrauen und Langeweile, von Angriff, Artilleriefeuer und Rückzug neben Plaudereien und Kartenspiel die Leserschaft: Skat wird im Lazarett gespielt, doch auch in den Gräben wie auf den Latrinen, der Tisch ein Margarine-Deckel, die Zeit sich nahezu endlos ziehend und im Hintergrund das Grollen der Front.


Kulturelle Spuren bis heute

Das Skatspiel blieb auch nach dem Ersten Weltkrieg, in der Weimarer Republik und darüber hinaus so beliebt und weit verbreitet, dass es sich immer wieder in Kunst und Kultur des deutschen Sprachraums im 20. Jahrhundert niederschlug.


Erste Hälfte des 20. Jahrhunderts

Einigen galt Skat als Sinnbild des deutschen Geistes – im Positiven und Negativen. In seinem 1920 veröffentlichten Neuen Lied rechnete Kurt Tucholsky beispielsweise unter seinem Pseudonym Peter Panter mit der deutschen Kultur ab. Dabei fiel auch folgender Satz:

„Wenn dem Deutschen so recht wohl ums Herz ist, dann singt er nicht. Dann spielt er Skat.“


Otto Dix, Maler und Grafiker, war wie Tucholsky und viele andere Literaten von den Gräueln des Ersten Weltkrieges schockiert und drückte dies künstlerisch aus. Er wurde dafür bekannt, eben jene Gräuel und die harschen Realitäten der Weimarer Republik ungeschönt darzustellen.

Als Teil einer Serie von vier Bildern, die Weltkriegsversehrte darstellten, bannte Otto Dix 1920 mit Die Skatspieler eine gespenstische Runde auf die Leinwand.

Gemälde: Otto Dix -  "Die Skatspieler", 1920

Die drei Spieler sind Männer mit Kriegsorden, Prothesen und fehlenden Gliedmaßen. Die Herren spielen im Gemälde übrigens mit echten, aufgeklebten Spielkarten eines deutschen Blattes. Diese explizite Darstellung realer Kriegsfolgen wurde seinerzeit viel kritisiert. Heute gilt es jedoch als ikonisches Werk der Moderne und kann seit 1995 in der Berliner Nationalgalerie betrachtet werden. Damit es dort landete, musste es für 4,4 Millionen Dollar in New York ersteigert werden.

Knapp ein Viertel des Kaufpreises wurde von der Bundesregierung getragen, der Rest über Spenden eingeworben – unter anderem auch durch ein hochkarätig besetztes Benefiz-Turnier mit Teilnehmern wie Eberhard Diepgen und durch die Versteigerung von Kunstwerken, die bekannte Künstler zu diesem Zweck gespendet hatten.


Auch der bekannte Komponist Richard Strauss war ein Freund des Skat-Spiels und baute es in eins seiner Werke ein: So fand bei der Uraufführung von Strauss’ Oper Intermezzo im November 1924 im Dresdner Schauspielhaus eine originale Skat-Szene auf der Bühne statt. Der auftretende Held, Hofkapellmeister Storch, sitzt im zweiten Akt nach Wien gereist beim Skat: Das Klavier untermalt das Kartenmischen, bevor den Protagonisten eine unerwartete Nachricht erreicht.


Das 20. Jahrhundert nach den Weltkriegen

Wer sich mit der deutschen Nachkriegsliteratur ab 1945 befasst, kommt um Günter Grass und seine 1959er Blechtrommel nicht herum. Darin wird am 1. September 1939, dem Beginn des Zweiten Weltkrieges mit dem nationalsozialistischen Überfall auf Polen, Skat gespielt: Während die Danziger Post bombardiert wird, beschließen der Hauptcharakter und zwei weitere in diesem Gebäude: „Wir dreschen jetzt einen anständigen Skat.“

Buch: Günter Grass - "Die Blechtrommel"


Kommen wir zu etwas heiterem: dem deutschen Humor. Loriot, mit bürgerlichem Namen Viktor von Bülow, erkannte mit unbestechlichem Blick die Eigenheiten des deutschen Bürgers und nahm sie liebevoll auf die Schippe. In einem Sketch Skat aus den 1970ern werden die Herren Vogel und Striebel vom Skatspiel des unbescholtenen Herrn Moosbach in schiere Verzweiflung getrieben. Das Drama beginnt mit dem gern zitierten Dialog:

Striebel: „Spielen Sie Skat?“

Moosbach: „Im Moment nicht“

Wir halten uns noch viel lieber an den weisen Satz, den Loriot Moosbach in den Mund legte:

„Spielen – richtig verstanden – ist etwas Wunderschönes.“


Damals und heute – ein besonders deutsches Kartenspiel?

In Deutschland ist es entstanden und bis heute ist das Skatspiel eines der verbreitetsten Kartenspiele Deutschlands. Hier wird es sehr ernst genommen und nicht nur im privaten Kreis, daheim oder in Kneipen und Cafés gespielt. Zusätzlich ist die Skat-Gemeinschaft hochgradig organisiert.

Landkarte Deutschland: Altenburg, Gründung deutscher Skatverband

Der Deutsche Skatverband nennt 1899 als sein Gründungsjahr und ist bis heute aktiv. Auf seiner Homepage kannst du zahlreiche Skat-Verbände und Skat-Vereine Deutschlands sowie aktuelle Veranstaltungen finden. Neben Vereinen, Turnieren und sogar einer Bundesliga gibt es auch ein offizielles Skat-Gericht, das strittige Fälle entscheidet. So scheint das Skat-Spiel durchstrukturiert, reglementiert und bis ins Letzte durchdiskutiert.

Und tatsächlich gilt es mancherorts schon als Beleidigung, das Spiel nicht ernst zu nehmen. Dazu wird Skat grundsätzlich schweigend gespielt, vom Reizen abgesehen. Man könnte den Eindruck gewinnen, Spaß sei dabei verboten. Sehr ernst, also typisch deutsch, würde manch ein Außenstehender wohl behaupten.

Doch das ist selbstverständlich nicht alles. Ohne eine lebendige Gemeinschaft gäbe es auch keinen Anlass für solch einen detaillierten Austausch. Und gerade beim Skat hat sich eine ausgeprägte Vereinskultur gebildet.


Im Rückblick: Skat als Verbindung über Grenzen hinweg

Unter dem bildmächtigen Titel Skat unterm Stacheldraht entstand in Koproduktion mit dem MDR im Jahre 2009 ein Dokumentarfilm, der ein schönes Beispiel für die verbindende Wirkung eines universell verständlichen Spiels zeigt. Der Film findet seinen Ausgangspunkt in einem berühmten Vorfall:

1981 kamen während der Arbeiten am Grenzstreifen zwischen BRD und DDR Bauarbeiter und Grenzer ins Gespräch – und dann zum gemeinsamen Skatspiel. Westdeutsche Grenzer kiebitzten und kommentierten. Aus einem Spiel wurden schnell wiederholte Treffen – abseits der großen Politik, der politischen Diskussionen, des vermeintlich unüberwindbaren Gegensatzes von Ost und West. So weit die reale Vorlage. Den Filmverlauf wollen wir hier natürlich nicht vorwegnehmen!

Symbolbild: Skat-Gemeinschaft


Skat ist immaterielles Kulturerbe!

Als der Aufruf an die Bundesländer herangetragen wurde, jeweils zwei Kandidaten zur Nominierung für das immaterielle Kulturerbe in Deutschland zusammenzutragen, entschied sich der Freistaat Thüringen unter anderem für das Skat-Spiel. Wie passend, dass die Nominierung dort ihren Ursprung hatte, denn in Thüringen liegt schließlich das malerische Städtchen Altenburg, das unumstrittene Herz der Skat-Welt!

Im Dezember 2016 war es so weit: Die Deutsche UNESCO-Kommission hat Skat spielen in das Bundesweite Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes aufgenommen, im Bereich Gesellschaftliche Bräuche, Rituale und Feste, um genau zu sein.

Wir laden dich also ein, die Geschichte das Skat-Spiels fortzuschreiben und im Skat Palast als Teil einer großen Online-Gemeinschaft mitzuspielen.